Kein Fernweh

 Eine öffentlich-rechtliche Radiostation

 stellt täglich ein Thema zur Diskussion.

 Vor kurzem ging es um: Fernweh….

 „Warum? und Wovon?

 

Woher kommt dieses Bestreben

In ferne Länder zu reisen, andere Kulturen zu erleben,

Was treibt Sie oder Dich fort von daheim?

Die Vorfreude auf die Freude, bald wieder zu Hause zu sein?“

 

Ich fuhr gerade Auto, nebenbei lief Musik.

Und als dann der eine oder andere anrief,

da passten alle Antworten

so schön zum Thema, so schön ins Schema,

 

und wenn mal nicht so, dann bedankte sich fix

der Moderator, denn, mal ehrlich:

So `n Tiefsinn trägt doch nix

zur allgemeinen Unterhaltung bei,

so kurz vor Feierabend…

 

Und ich dachte so:

Ich hätt` gar keinen Grund da anzurufen,

denn bei mir ist`s halt so,

dass mich nichts forttreibt, nirgendwohin.

 

Ergibt das `nen Sinn? Ist das normal?

Alle sollen reisen wollen und ich bin total

zufrieden mit meinem Aufenthaltsort.

Mich treibt nichts fort.

 

Warum und wo soll ich anderswo hin?

Ich muss doch hier erst wissen, wer ich bin.

Ich will von meinen Lieben stets gefunden werden,

wenn sie mich suchen um sich selbst zu erden.

 

Ich habe einen STAND-Punkt. Punkt.

Ich weiß ungefähr die Richtung,

aus der ich gekommen bin,

weiß aber noch nicht: Wo geh ich mal hin?

 

Ein Blick zurück zeigt:

Ich wurde

gewollt und geboren,

geliebt und getragen,

erzogen, ertragen,

verwaltet, gefaltet…

gezogen, verbogen.

 

Eine gefühlte Ewigkeit hatte ich nur für den EINEN Zeit,

existierte wie in einer Seifenblase,

sie war viel zu klein, diese Schein-Oase.

Und meine Tochter ließ ich nicht hinein.

 

Diese Art Reise hatte kein Ziel,

fast setzte ich dafür alles auf`s Spiel.

Der Zug hielt nicht,

so sprang ich.

 

Das war die Befreiung.

denn von nun an hatte ich wieder eine Meinung.

Seitdem stehe ich still und schaue,

wie sich die Welt um mich sortiert.

 

Ich bin nicht isoliert.

Man kann mich

finden, halten, lieben,

anfassen, drücken oder schieben,

 

versuchen zu belehren jedoch nicht bekehren,

versuchen zu verstehen und ein Stück gemeinsam gehen,

erneut Vertrauen leihen

und – vielleicht- verzeihen.